Lüneburg. „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“ – das soll Helmut Schmidt einst in einem Interview gesagt haben. Bei einer neuen Vision für Lüneburg würden einige sicherlich die Ideengeber zum Arzt schicken, so abgefahren ist diese: Mit einer Straßenbahn für die Hansestadt möchte die Mobilitätswende-Initiative eine „komfortable, sozial-ökologische und inklusive“ Lösung für alle Verkehrsteilnehmer schaffen.
Halteschilder veranschaulichen Projekt
Am Donnerstag haben Mitglieder der Initiative entlang einer von ihnen geforderten Straßenbahn-Linie schon mal die Haltestellenschilder aufgehängt. Die Aktion soll anschaulich die Trasse der „Lünebahn“-Linie 1 zeigen.
Straßenbahnen gibt es zwar schon 200 Jahre. Für die Gruppe aus dem Leuphana-Kosmos ist das Verkehrsmodell aber auch heute noch die Ideallösung im Nahverkehr. Europaweit würden kleinere Städte wieder auf die Tram setzen. Beispiele seien Ludwigsburg (94.000 Einwohner), das portugiesische Faro (68.000) oder die französischen Städte Aubagne und Valenciennes mit jeweils nicht einmal 50.000 Einwohnern. „Sie kann mehr Menschen bewegen als Autos und Busse und ist einfacher sowie deutlich kostengünstiger einzurichten und zu betreiben als U- und S-Bahnen“, sagt eine Sprecherin zur Straßenbahn. Sie ist überzeugt: „Es gibt auch in Lüneburg breite Straßen, sodass Straßenbahntrassen gut im vorhandenen Verkehrsraum planbar wären.“
Verkehrsexperte: „Es braucht eine Renaissance von Straßenbahnen“
Drei Linien haben die Initiatoren entworfen: Eine Linie 1 von Bardowick zum Bockelsberg, die Linie 2 von Salzhausen nach Wendisch Evern sowie die Linie 3 von Adendorf nach Oedeme. Die meisten Diskussionen dürfte es aber bei den Tram-Trassen durch die Stadt geben. Denn die „Lünebahn“ soll neben dem Bahnhof auch den Stadtring, das Theater und den Sande ansteuern – inklusive kniffliger Engpässe an der Roten Straße oder der Lünertorstraße.
Die Initiative hat einen anerkannten Stadtplaner und Verkehrsexperten an ihrer Seite: Heiner Monheim ist Mitbegründer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) und des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), saß zudem im Bundesvorstand des Fahrgastverbandes Pro Bahn. Der Verkehrswissenschaftler lehrte lange an der Uni Trier. Er ist überzeugt: „Es braucht eine Renaissance der Straßenbahnen.” Warum und wie das Ganze in Lüneburg umgesetzt werden könnte, darüber spricht der 77-Jährige am Donnerstag, 13. Juni (18 Uhr), an der Leuphana.
Das Straßenbahn-Konzept beinhaltet noch eine weitere Vision, denn: Die Lünebahn soll zum Nulltarif fahren, um Mobilität für alle zu ermöglichen. „Die Einsparung durch einen Wechsel vieler Menschen vom Auto auf Rad und ÖPNV ist höher als die Kosten des fahrscheinlosen Fahrens“, begründet die Initiative ihren Ansatz. Sie fordert nun eine Machbarkeitsstudie von Stadt und Landkreis.
