
Landkreis. Die Täter kommen meist nachts, sie gehen gezielt vor und sehr professionell. Dutzende Aufbrüche von Transportern hat die Lüneburger Polizei in den vergangenen Wochen gezählt. Die Autoknacker haben es auf teures Werkzeug abgesehen, deshalb brechen sie Fahrzeuge von Handwerksbetrieben auf.
„Ich dachte, ich guck‘ nicht richtig, als ich morgens zur Arbeit kam und sah, dass unser Mercedes Vito aufgebrochen und leergeräumt war“, berichtet Andreas Ruthemann, der in Adendorf im Grünen Weg ein Küchenstudio betreibt. Werkzeug im Wert von 6000 Euro war verschwunden, dazu der Schaden am Fahrzeug. „Die Diebe haben die Schiebetür aufgehebelt, dabei stand der Wagen an der vielbefahrenen Straße vor unserem Geschäft“, sagt Ruthemann.
Die Diebe kamen ein zweites Mal
Er war nicht das einzige Opfer aus Adendorf. Auch sein Kollege, der Tischlermeister Jörg Korittke, mit dem er im Handwerkerverbund „Meisterpool“ zusammenarbeitet, wurde von den Werkzeug-Klauern heimgesucht. Sogar schon zweimal. „Beide Male hatte unser Geselle den Mercedes Vito mit nach Hause in Lüneburg genommen, weil er zuvor bei Kunden in der Stadt zu tun hatte.“
Den Gesamtschaden inklusive Reparaturen beziffert Korittke auf 20.000 Euro. Erste Konsequenz: Er sichert seine Fahrzeuge jetzt mit Alarmanlagen.
Auch Geschäftsführer Jörg Hafer vom Bardowicker Natursteinwerk Nirogra wurde geschädigt: „Einer meiner Mitarbeiter hat unseren Mercedes Sprinter mit nach Hause nach Vögelsen genommen. Dort wurde das Auto geöffnet und Werkzeug gestohlen“, berichtet Hafer. Die Täter haben mit sicherem Blick alles mitgehen lassen, was Wert hat. „Nagelneue Akkusauger und Flexgeräte – die klauen alles, was man bei Ebay schnell zu Geld machen kann“, vermutet Jörg Hafer. Den Schaden von rund 3000 Euro hat er seiner Versicherung gemeldet und bei der Polizei Anzeige erstattet.
Werkzeug weg, viel Rennerei mit Behörden, Reparatur
Was ihn erstaunt: „Der Stellplatz in Vögelsen war mit einer Kamera überwacht, aber die Täter sind so geschickt ans Fahrzeug rangegangen, dass sie auf den Kamerabildern nicht zu sehen sind.“
Hafer hat seine Mitarbeiter angewiesen, ab sofort nachts alle wertvollen Werkzeuge aus den Fahrzeugen rauszunehmen.
Getroffen hat es auch das Lüneburger Sanitärunternehmen Schneider & Steffens. Geschäftsführer Andreas Schneider: „Wir sind schon dreimal bestohlen worden. In beiden Fällen hatten Mitarbeiter einen Mercedes Vito mit nach Hause genommen, weil sie Bereitschaftsdienst hatten. Am Kreideberg betrug der Schaden 8000 Euro, beim zweiten Mal in Jüttkenmoor nur 2000 Euro, weil wir das teure Werkzeug nachts rausgenommen hatten.“
Was Schneider zusätzlich nervt: „Hinterher hat man jede Menge Ärger und Rennerei, muss Kundentermine verschieben. Zum Diebstahlschaden kommt ja auch noch die Fahrzeugreparatur. Das sind jeweils 5000 bis 6000 Euro inklusive neuer Beschriftung. Wir sind zwar versichert, aber am Ende werden die Prämien erhöht – und das zahlt die Allgemeinheit.“
Das sind nur vier von vielen Fällen. In Lüneburg waren die Täter besonders aktiv: In der Bunsenstraße, Wilhelm-Hillmer-Straße und Stöteroggestraße, Am Venusberg und Ostpreußenring, in der Straße Teilfeld, auf dem Theater-Parkplatz an der Lindenstraße und Auf der Höhe wurden Transporter geknackt. Auch auf einem Firmengelände in Reppenstedt schlugen die Autoknacker zu.
Letzter Fall: In der vergangenen Woche wurde ein Renault Trafic im Alten Hessenweg in Lüneburg aufgebrochen. Diebstahlschäden bei den meisten Aufbrüchen: zwischen 3000 und 6000 Euro.
Auf ihren Beutezügen haben es die Werkzeug-Diebe auch auf Baustellen abgesehen. In Artlenburg wurden Baucontainer an der Bundesstraße ausgeraubt, in Lüneburg in der Bahnhofstraße, Anna-Vogeley-Straße und Marga-Jess-Straße. Und das ist nur eine kleine Auswahl an Taten.
Polizei vermutet örtliche als auch überörtliche Täter
„Ja, das Phänomen des Werkzeug-Diebstahls gibt es seit Jahren. Es hat sich zuletzt extrem verstärkt“, bestätigt der Lüneburger Polizeisprecher Kai Richter. „Diese Täter gehen gezielt vor. Sie handeln nicht spontan, sondern baldowern die Lage vorher genau aus. Sie haben es auf alles abgesehen, was teuer ist und sich schnell weiterverkaufen lässt.“ Auf die Frage nach der Herkunft der Räuber sagt Richter: „Da sind sowohl überörtliche als auch örtliche Täter am Werk.“
Wer hat etwas gesehen? Der Polizeisprecher bittet um Hinweise unter Tel.:(04131) 83 06 22 15.
Welche Sicherheitstipps kann die Polizei geben? „Oft passieren die Aufbrüche, wenn Mitarbeiter das Fahrzeug über Nacht mit nach Hause nehmen“, weiß Richter. „Wir raten, das Auto im öffentlichen Raum gut sichtbar und gut beleuchtet abzustellen und alle teuren Werkzeuge rauszunehmen.“
Tischlermeister Jörg Korittke denkt über zusätzliche Schutzmaßnahmen nach: „Ich habe mich schon bei einer Sicherheitsfirma erkundigt, was man noch tun kann.“ Denn er hat die Nase voll – zwei Ausplünderungen reichen ihm.