Nach dem Erdbeben: Lüneburger rufen gemeinsam zum Spenden auf

Gemeinsam appellieren Heiko Meyer (v. l.), Halil Yasar, Kamer Imreni und Hasan Candik an die Lüneburger, den Erdbebenopfern zu helfen – und zwar nicht nur jetzt, sondern auch in den kommenden Wochen. Foto: karo

Lüneburg. „Unsere ganze Stadt mit 70.000 Einwohnern ist platt“, erzählt Kamer Imreni. Der Besitzer des Lüneburger Lokals „Bodrum“ spricht vom Ort Pazarcik im Südosten der Türkei. Quasi im Epizentrum des Erdbebens stand sein Elternhaus, in dem er immer noch jedes Jahr im Urlaub wohnte. Seine Eltern hatten Glück: „Sie haben überlebt und übernachten aktuell in einem kleinem Haus auf dem Land.“ Ganz okay sei das zwar nicht – die Menschen sollen im Erdbebengebiet die Nächte nicht in Häusern verbringen. Aber sollen die Eltern die Nächte im Freien in der Eiseskälte verbringen?
So viel Glück wie Kamers Eltern hatten längst nicht alle. Er zeigt eines von zahllosen Fotos und Videos auf seinem Handy: Darauf sind eine junge Frau, ein Mann und ein Kind, die fröhlich am Strand in die Kamera blicken. Dann das nächste Foto: Ein Trümmerhaufen. Unter ihm werden seine Cousins und die Cousine vermutet. Imreni wischt sich verstohlen die Tränen aus den Augen, als er das Bild zeigt. Und das Foto mit den vielen Leichen, aufgereiht in einer Halle.

Am Donnerstag sind vier Lüneburger zusammengekommen, um zu helfen. Initiiert hat das Dr. Halil Ibrahim Yasar. Der Unfallchirurg, der früher im Lüneburger Klinikum arbeitete, hat zwar keine Angehörigen oder Freunde verloren. Aber er möchte helfen, steht selber auf Abruf bereit, um in die Türkei zu fliegen. Als Unfallchirurg wird er dort sicher gebraucht. „Aber wichtig ist, dass alles organisiert ist. Sonst stören wir mehr, als dass wir gezielt helfen können.“ Er steht über Whatsapp mit 150 weiteren Ärzten in Deutschland in Kontakt, die alle vor Ort unterstützen möchten. Doch koordiniertes Vorgehen sei wichtig: „Zurzeit gibt es an den Grenzen zur Türkei Staus von rund 40 Kilometern, weil so viele zu ihren Bekannten oder Verwandten fahren möchten.“ Das sei verständlich – behindere aber die Rettungsteams.
Und die suchen nicht nur Verschüttete unter den Trümmern. Auch all die Obdachlosen müssen versorgt und in den eiskalten Nächten untergebracht werden. „Bei uns im Ort wurde zum Beispiel eine Halle ausgeräumt. Hier wird für alle gekocht“, erzählt Imreni. Fürs Essen in dieser Küche hat er selbst schon Geld gespendet.

„Viele möchten jetzt helfen“, sagt Dr. Yasar, „doch im Moment bringen Sachspenden nur wenig.“ Er und seine Mitstreiter wie der Lüneburger Piccanti-Wirt Hasan Candik werben deshalb dafür, mit Geld zu helfen. „Anstatt drei Decken zu spenden, die erst einmal an den Einsatzort gebracht werden müssen – was teilweise unmöglich ist – spendet man besser das Geld dafür. Davon können dann vor Ort zehn Decken besorgt werden!“, erklären sie.
Der Chirurg bittet auch, die Spenden direkt an türkische Hilfsorganisationen zu schicken (siehe Kasten). Entweder an den Roten Halbmond, ein Pedant zum Deutschen Roten Kreuz, oder an Afad, eine Katastrophenschutzorganisation. „Sie koordinieren die über 100.000 Retter aus 66 Ländern und wissen genau, wo das Geld am meisten gebraucht wird“, sagt der Arzt, „und hier gibt es auch keine Verluste.“

Mit im Boot ist auch der LCM-Vorsitzende Heiko Meyer. „Wenn ich durch mein bekanntes Gesicht und meine guten Kontakte dazu beitragen kann, dass mehr Lüneburger spenden, mache ich das gern“, sagt er. Denn auch Meyer ist zutiefst erschüttert von der Katastrophe.
Das Ausmaß der Zerstörung könne man sich gar nicht vorstellen, sagt Dr. Yasar. Er versucht trotzdem, es zu verdeutlichen: „Das ist, als wären damals nicht eine, sondern 60 Atombomben auf Hiroshima geworfen worden.“ 450.000 Menschen würden aktuell in Zelten oder dafür geräumten Unterkünften leben. „In meiner ganzen Heimatstadt ist es nicht mehr möglich, irgendwo etwas einzukaufen“, erzählt Wirt Kamer Imreni. Und die meisten Straßen seien gar nicht zu befahren, das zeigt er auf einem seiner vielen Handyfotos: Auch die Straße besteht nur aus Trümmern.

Dr. Halil Yasar möchte weitere Aktionen ins Leben rufen, um noch mehr Spenden einzuwerben. Ein Benefizkonzert kann er sich vorstellen. Mit einer örtlichen Bank hat er Kontakt, um dort Broschüren mit Spendenkonten auslegen. Denn es sei wichtig, dass die Menschen nicht nur jetzt, sondern auch länger spenden: „Das ist keine Kurzstreckenaufgabe, sondern ein Marathon“, fasst er zusammen.

 

Spendenkonten
Halil Yasar bittet, Spenden möglichst direkt an die beiden türkischen Organisationen zu schicken:

Kizilay (Türkischer Roter Halbmond): Ziraat Bank Frankfurt, IBAN: DE26 5122 0700 1080 0000 01, SWIFT: TCZBDEFF

AFAD: T.C. Ziraat Bank International AG Frankfurt, IBAN: DE 50 5122 0700 2000 4524 54, Swift: TCZBDEFF

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