Nachwuchsfußball: Gemeinsam statt gegeneinander

Lüneburg. „Wir haben in Lüneburg Fußballgeschichte geschrieben!“, ist Matthias Merz überzeugt. Denn gemeinsam mit den Verantwortlichen von MTV Treubund, Lüneburger SK, SV Ilmenau und TuS Barendorf ist dem Fußball-Obmann des VfL Lüneburg gelungen, was viele Jahre undenkbar schien: Ab Juli sollen die besten Fußballer der fünf Vereine für den Jugendförderverein (JFV) Lüneburg spielen. Von U14 bis U18 geht dabei jeweils mindestens ein Talente-Team für den JFV an den Start.

Auslöser für den – endlich erfolgreichen – Anlauf zur Kooperation ist die Situation im Nachwuchsfußball: „Wir haben zu wenig Trainer und zu wenig Spieler“, bringt MTV-Treubund-Fußballboss Ulf Henning die Probleme auf den Punkt. Matthias Merz ergänzt: „Der Fußball ist generell rückläufig. Und die wenigen richtig guten Fußballer verteilen sich dann noch auf mehrere Vereine – so kommt keiner in obere Klassen wie die Regionalliga!“ Das soll sich jetzt ändern, der JFV ein Ziel für die leistungsorientierten jungen Spieler der Region werden.

Gemeinsam lässt sich mehr erreichen

Vorsitzender des neuen Fußball-Leuchtturms wird Eckhard Pols. „Wir wollten jemanden, der absolut neutral ist“, betonen die Gründer. Der 61-jährige Pols ist Mitglied des Lüneburger Stadtrates und saß zwölf Jahre im Bundestag. „Wenn wir höhere Ziele anstreben, müssen wir neue Wege gehen“, begründet Pols, warum er vom JFV überzeugt ist. Sportlicher Leiter wird Prof. Dr. Dan Krause, derzeit Trainer der U14 des VfL Lüneburg.

Seit Jahresbeginn hatte es Kontakte zwischen MTV und SV Ilmenau gegeben, gleichzeitig waren auch LSK und VfL im Gespräch. Schnell war allen klar: Gemeinsam ist am meisten zu erreichen. Denn im Gegensatz zur Vereinsmeierei der vergangenen Jahrzehnte, als so mancher Zwist das Klima zwischen Klubs über Jahre vergiftete, haben die Macher nun ein gemeinsames Credo: „‚Mit‘ ist immer besser als nur ‚gegen‘!“, betont Michael Keil, Vorsitzender des SV Ilmenau. Eine weitere Erfahrung teilen die Klubs: „Die einzelnen Vereine können Leistungs- und Breitensport mit den vorhandenen Mitteln nicht mehr gleichermaßen fördern.“

Fünf Gründungsvereine

Die fünf Gründungsvereine sorgen mit jeweils 2500 Euro für die Anschubfinanzierung. Tragen soll sich der JFV über Mitgliedsbeiträge und Sponsoren. Sollten später mal Ausbildungsentschädigungen oder Ablösen fließen, werden Stammvereine und JFV fair beteiligt. „Jeder weiß, was Sache ist“, betont VfL-Mann Merz die Transparenz des Projekts. Zudem sorgen die gebündelten Kräfte für einen stärkeren Auftritt: „Hinter unseren Vereinen stehen fast 10.000 Mitglieder“, setzen die Macher auf ein stärkeres Gewicht, wenn es gegenüber Stadt und Landkreis etwa um die Sport-Infrastruktur geht.
Jetzt gilt es, die Mitglieder der Abteilungen vom Projekt zu überzeugen. Erste frohe Botschaften gab es bereits: Beim SV Ilmenau stimmte am Montagabend die Mitgliederversammlung einstimmig zu, beim VfL Lüneburg gab‘s das „Go“ per Präsidiumsbeschluss. Beim MTV müssen laut Satzung die Mitglieder des Gesamtvereins zustimmen. Argumente gegen das Projekt dürften sie bei der Mitgliederversammlung am 27. April kaum finden, zumal der JFV auch die wirtschaftlichen Risiken trägt.

Talente sollen in der Region bleiben

Die Vertreter der fünf Klubs, die den JFV anbahnten, bilden künftig den Beirat des Vereins. Schon jetzt herrscht eine neue Atmosphäre: „Klar wurden beim ersten Treffen nochmal die alten Kamellen rausgeholt“, sagt LSK-Nachwuchsvorstand Martin Wilke lachend, „aber ab dem zweiten Treffen haben wir konzentriert zusammengearbeitet.“ Und SVI-Mann Michael Keil ergänzt: „Wir sind jetzt Vereinskameraden, keine Streithammel mehr.“ Das sind wahrlich neue Töne, denn zu oft gab‘s in der Vergangenheit böse Gefechte, etwa wenn Nachwuchsspieler in der Region den Verein wechselten.

Bis Mitte Mai muss jetzt alles klar sein. Dann müssen die Mannschaften für die Saison 2023/24 gemeldet werden. Vereinbart ist, dass die jeweils ligahöchste Mannschaft der fünf Gründungsmitglieder die Basis für die jeweilige Jahrgangsmannschaft des JFV stellt.
Die große Hoffnung aller ist, dass ambitionierte Spieler aus der Region, die bislang zu Klubs in Hamburg oder Bremen abwanderten, künftig „vor der Haustür“ kicken und den Fußballstandort Lüneburg gemeinsam voranbringen. Vielleicht wächst der JFV in Zukunft ja noch weiter. „Wir sind für alle Vereine offen“, betont Matthias Merz.

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