
Lüneburg. Wo trifft man sich am besten mit einer Hunde-Expertin zum Interview? Natürlich im Lüneburger Kurpark auf der Freilaufwiese. TV-Moderatorin und Autorin Kate Kitchenham wartet bereits mit ihrem kleinen Mischling Knox – ihr „Studienfeld” direkt vor Augen: Eine Husky-Hündin kommt näher, sie und Knox stehen sich gegenüber, taxieren sich. Die 49-Jährige behält ihren Hund im Blick. „Knox weiß nicht genau, was er von der Hündin halten soll, denn sie starrt ihn ganz schön an und das verunsichert ihn”, sagt die studierte Verhaltensbiologin. Ihr Mischling wendet sich ab und schnuppert am Boden. „Jetzt nimmt er die Anspannung aus der Situation – für beide Parteien“ erklärt sie. „Das ist ein Beruhigungssignal”. Tatsächlich begegnen sich die Hunde danach freundlich und schließlich geht jeder seiner Wege.
Kate Kitchenham, die immer samstags mit „Hund Katze Maus” bei Vox zu sehen ist, weiß: „Der Kern des harmonischen Zusammenlebens liegt darin, dass Halter die Persönlichkeit des Hundes und sein Verhalten richtig einschätzen können. Dazu müssen sie viel Zeit in Beziehungs- und Erziehungsaufbau investieren und sich mit dem Verhalten des Hundes beschäftigen.”
„Ich muss zuverlässig sein“
Wie Hund und Mensch den Alltag und auch aufregende Situationen meistern können, beschreibt die sympathische Lüneburgerin in ihrem neuen Buch „Die 10 Kompetenzen für Hunde“ (Kosmos-Verlag). Es war schon vor dem Erscheinen im April vergriffen und musste neu aufgelegt werden. „Das Interesse am Buch zeigt, dass das Bedürfnis nach einem glücklichen Hund und entspannten Alltag groß ist bei den Hundehaltern”, weiß sie. „Unser Bedürfnis nach Zuverlässigkeit im Alltag zum Beispiel – aber ich kann Zuverlässigkeit nur erwarten wenn ich selber in der Lage bin, sie in allen Lebenslagen zu bieten.” Ein Beispiel: „Wenn mir der Rückruf wichtig ist, muss ich ihn zuverlässig durchsetzen können – dann wird der Hund akzeptieren, dass das Zurückkommen mir sehr wichtig ist und es wie selbstverständlich zeigen. Im Gegenzug muss ich zuverlässig für ihn da sein, wenn er sich zum Beispiel überfordert oder bedrängt fühlt.” Doch für das Verbessern von Kompetenzen wie Zuverlässigkeit oder „niemals nie jagen” brauche es natürlich Zeit, sowie abwechslungsreiches und fröhliches Training.
Schon bevor man sich überhaupt einen Hund zulegt, sollte man sich genau überlegen, welche Rasse zu einem passt und welche Voraussetzungen das individuelle Tier mitbringt. „Kommt ein junger Welpe oder nimmt man einen älteren Hund aus dem Tierschutz? Das sollte bedacht und eingeschätzt werden”, erklärt Kate Kitchenham. „Je mehr Zeit man in Bindungsaufbau und Erziehung in der Anfangszeit investiert, umso besser”, weiß die Hundeexpertin.
Die Expertin beschreibt in ihrem Buch auch die Kompetenz „Grenzen akzeptieren”: „Springt der Hund einen an, muss ich ihm mit deutlicher Geste, mit klaren Worten klarmachen, dass das nicht geht. Hunde erziehen sich untereinander durch Grenzen ziehen und neue Chancen bieten, es besser zu machen.” Was sie gar nicht mag, sind Hunde, die beim Gassigehen ständigen Blickkontakt mit dem Menschen halten. „Durchkontrollierte Hunde, militärischer Gehorsam macht sie zu konditionierten Marionetten.” Auch ständiges Leckerli-Geben sieht die Expertin kritisch: „Da gibt es so viel schönere, spielerische Möglichkeiten, Hunde zu erziehen!” Entspannte Spaziergänge mit kleinen spielerischen Lerneinheiten findet sie am besten. Jedoch: „Ganz oft berichten mir Hundehalter stolz, dass sie beim Gassigehen gerne meinen Podcast ‚Vier Pfoten, zwei Beine & 1000 Fragen‘ hören. Dann sage ich: ,Nein, bitte nicht beim Gassigehen. Das ist die Zeit, die gemeinsam genossen werden sollte und wo wir mit der Aufmerksamkeit beim Hund sein sollten!“
Kluge, hochsoziale Lerntiere
Kate Kitchenham hat bei ihrer langjährigen Arbeit beobachtet, dass viele Hunde weit unter ihren geistigen Möglichkeiten leben. „Dabei sind es kluge, hochsoziale Lerntiere. Wir müssen ihnen das Werkzeug mitgeben, dass sie an unserer Seite wachsen, immer mehr verstehen und immer besser mit uns zusammen in dieser Gesellschaft leben können.” Wie man an diesen Kompetenzen mit ganz unterschiedlichen Hundetypen arbeiten kann, beschreibt die Wahl-Lüneburgerin leicht, verständlich und mit praktischen Anleitungen im Buch.
Übrigens: Alle Models aus „Die 10 Kompetenzen” sind Lüneburger Hunde, die Aufnahmen haben an bekannten Plätzen in der Stadt stattgefunden. „Das Buch ist nicht nur spannend zu lesen, sondern auch eine kleine Hommage an unsere schöne Stadt geworden”, freut sie sich.