
Lüneburg. „Diesen Anblick werden Sie so nie wieder haben“, bedauert Maja Lucht, Fachbereichsleiterin Gebäudewirtschaft bei der Stadt, bei einer Führung durch das Dach des Lüneburger Rathauses. Den Teilnehmern bietet sich ein Anblick, den man so eigentlich nicht haben möchte: Das Tageslicht lugt überall durch die Dachpfannen, dicht kann das Dach also nicht sein. Deshalb wird die rund 1000 qm große Fläche neu gedeckt und von innen regendicht verschalt. Die Dachziegel sind dann nicht mehr zu sehen. „Wir versuchen natürlich immer, das Rathaus als Denkmal so ursprünglich zu lassen wie möglich – es wird hier hinterher einfach eine andere Atmosphäre herrschen!“, sagt die Fachbereichsleiterin.
Die Maßnahme ist notwendig, um historische Kostbarkeiten zu schützen. Denn durch die Lücken dringt bei Sturm Wasser ins Innere – direkt auf die Dielen des Dachbodens. Und diese bilden die Decken von Huldigungs-, Trauben- und Fürstensaal. Sie sind auf ihrer Unterseite mit prachtvollen Deckenmalereien versehen, z. B. von Daniel Freese aus dem Jahr 1606 im Fürstensaal. Oder im Huldigungssaal mit Stuckverzierungen.
„Wir wissen gar nicht, wie es drunter aussieht“
Die Verschalung sei wichtig, wenn ein Sturm einzelne Pfannen wegfege. „Dann müssen wir uns nicht mehr darauf verlassen, dass sofort ein Handwerker kommt.“ Das sei ohnehin unrealistisch, da Dachdecker nach einem Sturm auch zügig zu vielen Privathaushalten müssten. Aktuell sind die Dielen mit den Malereien noch mit Plastikfolien gegen Wasser geschützt. „Das ist keine gute Lösung“, sagt Maja Lucht, „wir wissen gar nicht, wie es jetzt darunter aussieht.“ Es könnte unter den Planen schimmeln oder faulen.
Die Witterung bedroht nicht nur die historischen und denkmalgeschützten Kunstwerke, sondern auch das hölzerne Gebälk. Viele Balken aus der Zeit um 1450 sind in schlechtem Zustand. Hinzu kommt, dass der Dachstuhl verschoben ist. Dadurch bilden sich Risse, die man z. B. im Huldigungssaal jetzt schon an der Decke sehen kann. Deshalb lässt die Stadt auch das hölzerne Tragwerk sanieren.
Für die fast zweijährige Bauphase wird das Rathaus in drei Teilabschnitten eingerüstet. Bevor die eigentliche Sanierung beginnt, wird im November zunächst eine Schadensanalyse durchgeführt. Dafür wird voraussichtlich noch in dieser Woche der Eingang gegenüber der Volksbank eingerüstet. Ab März 2024 wird Stück für Stück die gesamte Seite von diesem Eingang bis zur Marktfassade folgen. Der dritte Teilabschnitt mit zusätzlichen Gerüsten an der Waagestraße beginnt im Mai 2024. Dann wird das Dach neu gedeckt.
Keine Einschränkungen für Touristen und Marktbeschicker
„In der ganzen Zeit wird es weiterhin Rathausführungen geben. Auch die Marktbeschicker müssen keine größeren Einschränkungen befürchten“, versichert Maja Lucht.