Erst genippt, dann ausgeknockt

Lüneburg. Zusammen mit Freunden wollte die Lüneburgerin Claudia S. (52, Name geändert) vor zwei Wochen einfach nur „schön feiern gehen“. In einer öffentlichen Partylocation im Landkreis. Es gab Livemusik, etwa 50 Gäste waren vor Ort, die Stimmung war gut. „Ich hatte ein paar Bier getrunken, war aber keineswegs betrunken oder gar berauscht“, erzählt sie. „Schließlich wollte ich am Tag fit sein und vieles erledigen.“

„Als wenn ein Schalter umgelegt worden ist“

Daraus wurde allerdings nichts. Wieso, schildert die Lüneburgerin der Lünepost: „Ich hatte mein Glas Bier kurz abgestellt und bin zur Band gegangen, um mich für die tolle Musik zu bedanken.“ Danach nahm sie ihr Glas, ging zu den Freunden, setzte sich auf einen Barhocker und nahm einen Schluck. „Kurze Zeit später war alles anders bei mir. Als wenn ein Schalter umgelegt worden ist. Das war ein Gefühl, wie der Anfang einer Narkose.“
Die 52-Jährige kippte vom Hocker, konnte gerade noch von einem Freund aufgefangen werden. „Ich habe ihre Fragen und Gespräche noch mitbekommen, konnte aber nicht antworten.“ Claudia S. ging nach draußen, musste sich übergeben. Sie wollte nur noch nach Hause. „Meine Freunde waren überrascht, dass ich von jetzt auf gleich so betrunken war und brachten mich nach Hause.“ Sie gaben ihr Wasser zu trinken. „Ich war völlig willenlos, konnte mich nicht bewegen, geschweige denn etwas sagen.“
In der Nacht und am nächsten Tag musste sich Claudia S. weiter übergeben, auch der Kreislauf war im Keller. „Ich war völlig neben der Spur, wusste nicht, was los war.“

Vielleicht waren es K.o-Tropfen

Erst einen weiteren Tag später wurde sie hellhörig. „Ich erzählte einer Freundin von meinem Zustand und da dämmerte uns, dass es K.o.-Tropfen gewesen sein könnten.“ Einen Beweis dafür hat sie jedoch nicht. „Nach sechs bis acht Stunden ist die Substanz nicht mehr nachweisbar. Und da wir in der Partynacht nicht auf die Idee gekommen waren, sind wir auch nicht ins Krankenhaus.“
Claudia S. geht es inzwischen wieder gut. „Es ist nochmal alles gut gegangen, weil meine Freunde zu mir gestanden und mich bis zur Haustür begleitet haben. Aber die Gedanken fahren Karussell“, erzählt die 52-Jährige. Sie stellt sich noch immer viele Fragen: „Wer hat das auf so einer kleinen Party gemacht? Was wäre passiert, wenn jemand meinen willenlosen Zustand ausgenutzt hätte? Was, wenn ich alleine und orientierungslos nach Hause gegangen wäre?“

Polizei: Keine Zunahme von Vorfällen

Den Vorfall hat sie angezeigt. „Es kommt in Stadt und Landkreis immer wieder mal vor, dass K.o.-Tropfen verabreicht werden oder dass es Verdachtsfälle gibt“, berichtet auf Anfrage Polizeisprecher Michel Könemann. Auch er sagt: „Leider ist die Beweisbarkeit schwierig, da sich die Substanz schnell abbaut und somit schwer nachweisbar ist.“ Eine auffallende Zunahme von Vorfällen gebe es laut Sprecher aktuell nicht in der Region.
Opfer Claudia S. möchte mit ihrer Geschichte andere sensibilisieren: „Es könnte jedem passieren. Jedem, der unbedarft ein Glas stehen lässt.“ Ihr ist es außerdem wichtig, dass alle wissen, dass ein scheinbar betrunkener Zustand nicht immer auf Alkohol zurückzuführen ist. „Jeder denkt sofort an Alkohol, keiner an K.o.-Tropfen.“

„Lasst euer Glas nicht unbeaufsichtigt“

Die Lüneburgerin will zwar auch in Zukunft wieder feiern gehen, aber eines ist für sie ganz klar: „Mein Getränk stelle ich nie wieder irgendwo ab, nicht für eine Sekunde!“ Ihr dringender Appell an alle Partygänger: „Lasst euer Glas nicht unbeaufsichtigt!“

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