
Lüneburg. „Schauen Sie sich doch mal bei uns im Freibad um. Hier funktioniert das multikulturelle Miteinander wie selbstverständlich“, wirbt Dirk Günther, Geschäftsführer der Kurmittel Lüneburg GmbH, die das Salü und das Freibad Hagen betreibt. „Ursprünglich wollten wir das Thema gar nicht so hervorstellen, weil es so selbstverständlich ist. Doch wir wollen allen zeigen, dass hier alles friedlich verläuft.“ Die Lünepost nahm die Einladung zum Ortstermin gerne an. Bei schönstem Wetter sprachen wir mit Mitarbeitern und Besuchern.
„Wann wird der 3-Meter-Turm geöffnet?“, wollen zwei Jungs wissen. „Darf ich mit meiner Tochter rutschen, auch wenn sie noch nicht sechs Jahre alt ist?“, fragt ein Vater wenig später. Belal Alali antwortet freundlich: „Der Turm wird gleich geöffnet“, sagt er zu den Jungs und gibt dem Vater grünes Licht für die Rutsche.
Als Kind nie schwimmen gelernt
Seit einem Jahr ist Belal Alali bei der Kurmittel GmbH als Fachangestellter für Bäderbetriebe angestellt. Er arbeitet abwechselnd im Freibad und im Salü. Was zunächst so selbstverständlich klingt, war es für ihn nicht. Denn als Alali vor vier Jahren die Ausbildung angetreten hatte, da konnte er noch gar nicht schwimmen. „Ich war als Kind nie im Schwimmbad“, erklärt er. Der gebürtige Syrer wuchs in Ägypten auf und kam 2013 als Elfjähriger nach Deutschland. Während der Schulzeit in Lüneburg absolvierte er ein Praktikum im Salü und im angegliederten Fitnessstudio. „Im Salü hat es mir am besten gefallen und deswegen wollte ich dort auch die Ausbildung machen, auch als Nichtschwimmer“, erzählt er. Unterstützt wurde er von Geschäftsführer Dirk Günther. „Ich sah schnell, dass Belal Potenzial hat. Er ist zielstrebig und diszipliniert“, lobt der Chef und Alali erzählt: „Ich habe mir das Schwimmen in meiner Freizeit selber beigebracht, obwohl ich zu Anfang viel Respekt vor dem Wasser hatte.“
Maiskolben, Salate und Currywurst halal
Der junge Syrer wird respektiert, wenn er am Beckenrand auch mal eingreifen muss. „Da ich arabisch spreche, hilft das im Alltag auch häufig weiter, wenn bei einigen Gästen die deutschen Sprachkenntnisse noch nicht so groß sind.“ Denn natürlich ist das Publikum des Freibads in Kaltenmoor bunt gemischt. Viele Besucher kommen aus dem Stadtteil mit den vielen Nationen.
Anita Schwarz betreibt seit drei Jahren den Kiosk im Schwimmbad. Natürlich gibt es hier die beliebten Pommes und Currywurst. Aber längst nicht nur das: „Da wir viele Gäste mit ausländischen Wurzeln haben, gehen wir auch auf ihre Bedürfnisse ein.“ So steht jetzt Currywurst Halal auf der knallgelben Speisekarte an ihrem Kiosk. Die angebotene Wurst entspricht den muslimischen Speisevorschriften. „Wir bieten auch gemischte Salate oder Maiskolben an, weil die jungen Leute weniger fett und mehr vegetarisch essen möchten. Wir lassen uns immer was Neues einfallen“, erzählt Anita Schwarz und schwärmt von ihren Gästen, die immer freundlich sind und ihren Müll entsorgen.
Sicherheitsdienst hilft bei der Organisiation
Melissa Cinar besucht schon seit vielen Jahren das Freibad. „Als junge Frau alleine, dann mit meinem Mann Önder und jetzt mit unseren Kindern“, erzählt sie. Zwar kenne sie auch andere Freibäder, „aber hier gefällt es mir und uns am besten. Das Freibad ist sauber, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und das Schwimmbad-Personal ist immer präsent. Deswegen, aber auch wegen der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, fühlen wir uns hier einfach wohl.“
Seit 2017 beauftragt die Kurmittel GmbH einen Securitydienst in Hagen. Dessen Mitarbeiter fallen kaum auf, sie tragen die gleichen blauen Shirts wie das Schwimmpersonal. „Das ist eine organisatorische Unterstützung für unser Personal“, erklärt Geschäftsführer Günther. „Wenn es voll ist, können sich die Freibadmitarbeiter voll und ganz um den reibungslosen Ablauf in den Becken kümmern. Die Mitarbeiter vom Sicherheitsdienst organisieren die Ordnung auf dem Parkplatz oder vor dem Kassenbereich und achten darauf, dass sich alle an das Fotografie- und Videoverbot halten.“
Dass das Freibad Hagen ein Wohlfühlort ist, können Anne Ries und Freundin Eva-Maria Kinast nur bestätigen. Anne Ries wohnt in Barendorf und kommt schon seit zehn Jahren regelmäßig nach Hagen. „Hier stimmt alles und vor allem, wenn es mal voller wird, ist immer ausreichend Personal da.“ Mit ihrer Begeisterung hat sie ihre Freundin angesteckt, die erst vor einem Jahr nach Hagen gezogen ist. „Hier ist einfach ein nettes Miteinander.“
„Unser Freibad ist Spiegelbild der Gesellschaft“
Ein Stammgast ist Frank Kerstens, der seit mehr als 50 Jahren seine Bahnen in Hagen zieht. Der ehemalige Kontaktbeamte der Polizei für den Stadtteil Kaltenmoor bewertet die Entwicklung des Freibades als „positiv“: „Hier ist es top und hier bleibe ich fit.“
„Unser Freibad ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Jung und Alt, Deutsch und andere Nationalitäten, Vegetarier und Fleischesser – alle sind da, alle sind unkompliziert und alle finden ihren Bereich“, zieht Dirk Günther ein Fazit am Ende des LP-Besuches.
Bleibt nur zu hoffen, dass das Wetter weiter mitspielt, damit alle möglichst lange in den fröhlichen Badegenuss im Multikulti-Freibad Hagen kommen.