Wo sollen die Schwalben nisten?

Neu Bleckede. „Wo Schwalben nisten, wohnt das Glück“, sagt ein altes Sprichwort. Früher galten die Vögel als Boten des Glücks, die das Haus vor Feuer und Blitz sowie das Vieh im Stall vor Krankheiten bewahrten. Heute noch gelten sie als Vorboten des Sommers. Jährlich fliegen sie im Herbst in den Süden, um im Frühling in unsere Region zurückzukehren und zu brüten. Die Vögel sind ihren Brutplätzen treu, kommen immer gern an ihre alten Nester zurück. Doch weil es für die Vögel immer schwieriger wird, geeignete Nistplätze zu finden oder Gebäude mit Schwalbennestern abgerissen werden, stehen sie unter Naturschutz. Ihre Nester dürfen nicht einfach entfernt werden.

Auch der ehemalige DDR-Grenzturm in Neu Bleckede ist ein optimaler Standort für die Nester von Mehlschwalben. Nest an Nest reihten sich hier zuletzt die Brutplätze. Doch im Zuge des Projekts „Grenztürme erleben – von der Grenzgeschichte bis zur Grenznatur“, mit dem die Stadt Bleckede, das Amt Neuhaus und der Landkreis Lüneburg an die innerdeutsche Teilung und ihre Folgen erinnern wollen (s. auch unten), wird der Turm saniert. Aktuell ist er mit einer Plane verhüllt. „Ich habe am Sonntag gesehen, dass kein einziges Nest mehr vorhanden ist“, berichtet Ulrike Kressel. Sie befürchtet nun, dass die seltenen Vögel in diesem Jahr keine Nistmöglichkeiten finden.

„Es ist richtig, wegen der Sanierungsarbeiten mussten die Schwalbennester entfernt werden“, bestätigt Katrin Holzmann aus der Pressestelle des Landkreises Lüneburg. Die genaue Anzahl der entfernten Nester könne sie nicht beziffern, schätzt aber, dass es weit weniger als die 39 seien, die Anwohnerin Kressel gezählt hat. Die Landkreis-Sprecherin berichtet: „Bis Ende April muss die Stadt Bleckede für Ersatz sorgen, wird acht künstliche Doppelnester an den Turm montieren. Der Anbau wird auch entsprechend dokumentiert und an unsere Untere Naturschutzbehörde geschickt.“ Ab der ersten Maiwoche sollen dann das Gerüst und die Plane am Turm abmontiert werden.

Für Ulrike Kressel ist der Ersatz von nur 16 Nestern absolut nicht akzeptabel. Sie fordert, dass alle 39 Nester ersetzt werden. Und auch der BUND ist nicht glücklich über diesen Vorgang in Neu Bleckede: „Ich bin skeptisch, ob die Vögel die Ersatznester wirklich annehmen“, sagt Bernhard Stilke von der Kreisgruppe Lüneburg. „Falls sie die Nester annehmen, dann reicht die Zahl.“ Aber die Erfahrung mit Ersatznestern lasse ihn eher zweifeln.

Landkreis ehrt Schwalbenfreunde

Stilke: „Es ist eine Frechheit, dass die Nester überhaupt entfernt wurden. Das passt überhaupt nicht zu dem Konzept des Landkreises Lüneburg, der jedes Jahr mit seiner Schwalben-Aktion wirbt.“ Bei der werden Hausbesitzer prämiert, die ihre Gebäude besonders schwalbenfreundlich ausstatten.
Dass der Neu Bleckeder Wachturm irgendwann mal ausgezeichnet wird, dürfte nach dieser Maßnahme wohl eher nicht zu erwarten sein.

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