„Wir wollen keinen 40-Meter-Mast!“

Deutsch Evern. „Ich glaube, man hat uns mit Absicht nicht informiert!“, sagt der Deutsch Everner Markus von Bargen. Was ihn wurmt: Fast vor seiner Tür soll ein 40 Meter hoher 5G-Funkmast gebaut werden. Die nächsten Häuser stehen nur rund 50 Meter entfernt.
Von Bargen erzählt: „Vorige Woche kamen Bauarbeiter und gossen auf einer Wiese zwischen Fuchsberg und Tiergartenstraße ein rund 400 Quadratmeter großes Betonfundament.“ „Ratzfatz“ sei das gegangen. „Es stand aber kein Schild irgendwo, das informierte, was dort geplant ist.“ Er und andere Anwohner dachten, es würde wohl ein Parkplatz angelegt. Aber vorigen Mittwoch klingelte abends Nachbar Stefan Burggraf von Frieling bei ihm. Und der wusste mehr – er hatte die Bauarbeiter gefragt. Die erzählten die Story von dem Sendemast.

Am nächsten Morgen gingen die beiden zur Samtgemeinde­verwaltung. „Dort wurde uns der Bau eines 40-Meter-Mastes bestätigt!“ Sie fragten anschließend bei Deutsch Everns Bürgermeister Uwe Hauschild nach. „Der wusste von nichts“, sagt von Bargen, „er sagte, die Gemeinde habe den Antrag früher schon abgelehnt.“ U. a. wegen des nahegelegenen Reiterhofs.

In kurzer Zeit über 300 Unterschriften gegen den Mast

Von Bargen und Burggraf von Frieling gingen daraufhin in ihrem Wohngebiet von Tür zu Tür: „Niemand wusste etwas von einem Funkmast!“ Aber niemand fand es gut. Und so beschlossen die beiden, eine Unterschriftenliste anzulegen, um einen Baustopp zu erwirken. Darauf stehen auch ihre Argumente gegen einen Bau an dieser Stelle, u. a.:
Der geplante Mast verunstalte den Anblick der ländlichen Idylle mit Angrenzung an das Naturschutz- und Erholungsgebiet sowie des sehr dicht angrenzenden Wohngebietes beträchtlich. Durch den Bau werde der Wert der umliegenden Grundstücke, Mietwohnungen und des geplanten angrenzenden Wohngebietes mit geschätzten fünf bis 50 Prozent Einbußen erheblich gemindert. Die Attraktivität des Wohnortes Deutsch Evern werde nachhaltig gemindert. Bei den bereits vorhandenen Hochspannungsleitungen und der zweigleisigen Bahnstrecke neben dem geplanten Funkturm handele es sich bereits um eine bestehende Belastung. Es bestehe das Risiko gesundheilticher Folgeschäden aufgrund der Strahlung. Aktuelle Studien wiesen bereits auf negative Auswirkungen auf die Tierwelt hin.

In wenigen Tagen haben die beiden Deutsch Everner bereits über 300 Unterschriften eingesammelt.„Wir sind keinesfalls generell gegen 5G-Funkmasten“, betont von Bargen, „wir nutzen das ja selber.“ Aber es gebe mehrere andere Stellen im Umkreis von zwei Kilometern, die nicht „mitten im Ort“ liegen würden. Landwirte hätten zugesagt, ihre Äcker dafür zu vermieten. Für den Deutsch Everner ist es unverständlich, warum der Landkreis das abgelehnt habe. Und warum niemand im Vorfeld die Anwohner informiert hat.

Kreis: Keine Strahlenbelastung, ausreichend Entfernung zum Baugebiet

Zu den Vorwürfen an die Landkreis-Verwaltung nimmt Sprecher Dominik Gerstl Stellung. Er berichtet, der Bauantrag zum 5G-Baumast sei bereits im Januar 2021 gestellt worden. „Für die Baugenehmigung wird das Einvernehmen der Gemeinde benötigt. Das hat sie im März 2021 versagt“, sagt Gerstl. Diese Einwände hätte Deutsch Evern genannt: In der Nähe des Mastes befindet sich ein Reiterhof, zusätzlich soll dort ein Baugebiet entstehen, zu nahe an der Bebauung und die Strahlenbelastung.
Das Bauamt habe die Einwände geprüft. Ergebnis laut Sprecher Gerstl: Es seien keine der gesetzlich vorgegebenen nachbarschützenden Belange beeinträchtigt. Die Bundesnetzagentur habe auch die Auswirkungen hinsichtlich der Strahlenbelastung geprüft und eine Standortbescheinigung ausgestellt. Und zum geplanten Baugebiet würden die notwendigen Abstände eingehalten.

Daraufhin habe der Landkreis die Gemeinde im Mai 2021 informiert, dass die angeführten Gründe für das versagte Einvernehmen aus rechtlicher Sicht nicht greifen. Deutsch Evern blieb weiter beim verweigerten Einvernehmen, jedoch: „Das darf nur aus planungsrechtlich relevanten Belangen versagt werden“, erklärt Gerstl. „Muss die Bauaufsicht davon ausgehen, dass die Belange nicht beeinträchtigt sind, ist sie verpflichtet, das Einvernehmen unter Begründung zu ersetzen. Dies ist hier geschehen.“
Gegen diesen Verwaltungsakt hätte die Gemeinde Widerspruch einlegen können. „Das ist hier nicht geschehen“, sagt Dominik Gerstl. Stefan Mues, 2. stellvertretender Bürgermeister, bedauert das: „Es ist bei uns im Rat leider nicht angekommen. Warum, kann ich nicht sagen.“

Gespräche mit der Telekom

Dass der Funkmast an diesem Standort errichtet werden soll, habe die Telekom entschieden. „Es ist davon auszugehen, dass der Standort so gewählt wird, dass die bestmögliche Netzabdeckung erzielt wird“, sagt Gerstl. Mit der Telekom – bzw. der Tochter Deutsche Funkturm GmbH – ist Bürgermeister Mues bereits im Gespräch. Sie habe Gesprächsbereitschaft signalisiert: „Wir vor Ort möchten eine gemeinsame Lösung finden und nicht langwierige Gerichtsverfahren führen.“

„Da die Anwohner gemäß der gesetzlichen Kriterien nicht betroffen sind, gab es kein Beteiligungsverfahren“, erklärt Gerstl, warum die Anwohner nicht informiert wurden. Die bauen ihren Protest unterdessen aus: Für Dienstagabend hatte sich ein TV-Team zur Ortsbesichtigung angesagt, auch die Telekom ist eingeladen. Die Anwohner in Deutsch Evern werden also weiterhin dafür sorgen, dass die Öffentlichkeit über die Vorgänge rund um den Funkmast informiert ist. Mit dem einen Ziel: Baustopp.

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