
Amelinghausen. Seit Wochen schlagen die Emotionen hoch, wenn es um die Schutzhütte in der Amelinghausener Kronsbergheide geht: Am 22. Juli berichtete die Lünepost das erste Mal davon, dass die von der Landjugend in Eigenarbeit gebaute Schutzhütte wieder abgerissen werden müsse – weil sie auf schützenswertem Magerrasen, viel zu groß gebaut wurde und versäumt wurde, im Vorfeld eine Genehmigung einzuholen.
Es ging hin und her – jetzt machte der Landkreis als zuständige Behörde Nägel mit Köpfen und lehnte die nachgereichten Anträge auf Genehmigung ab: „Nachdem der Landkreis alle denkbaren Ausnahmen geprüft hat, kommt er zu einem eindeutigen Ergebnis: Die Hütte kann in dem artenreichen und streng geschützten Biotop der Kronsbergheide so nicht bleiben“, heißt es aus dem Kreishaus am vergangenen Montag. Und weiter: „Heute gingen die entsprechenden naturschutzfachlichen und baurechtlichen Bescheide an die Gemeinde heraus.“
Es gilt das Naturschutz- und Baurecht
„Bei einem Vor-Ort-Termin haben wir versucht, alle Beteiligten abzuholen“, erklärt Kreisrätin Sigrid Vossers. „Naturschutz ist ein hohes Gut, das mit den berechtigten Erholungs- und Freizeitinteressen der Menschen abgewogen werden muss.“ Fakt sei: „Das Gebäude am Kronsberg muss nach Naturschutz- und Baurecht abgerissen und das Biotop, eine wertvolle Magerrasen-Fläche mit mehr als 30 seltenen Arten, wiederhergestellt werden.“ Verantwortlich dafür sei die Auftraggeberin des Bauwerks, in diesem Fall die Gemeinde.
Große Enttäuschung hat die Abriss-Ankündigung bei der Landjugend ausgelöst: „Wir sind traurig darüber, dass eine so schöne Idee wie die 72-Stunden-Aktion durch dieses Verfahren einen so bitteren Beigeschmack bekommt“, sagt die ehemalige Amelinghausener Heidekönigin Franziska Röhrs. „Jedes einzelne Detail an der Hütte wurde mit Bedacht gewählt. Es war uns beispielsweise wichtig, dass sie sich gut ins Landschaftsbild einfügt und eine Größe hat, die nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Gruppen wie Kindergärten oder Wanderern Platz bietet.“ Aktuell sei die Motivation, weitere Projekte dieser Art zu unterstützen, innerhalb der Landjugend Amelinghausen sehr getrübt, da ihr Einsatz „seitens der Kreisverwaltung wenig wertgeschätzt“ werde. „Auch das Engagement unserer befreundeten Landjugenden, die das Geschehen um die Schutzhütte verfolgen, wird durch dieses Verfahren ebenfalls stark gebremst – wenn nicht sogar vernichtet.“
Palesch: „Es gibt Optionen“
Der Landkreis sagt, er habe es sich nicht leicht gemacht, würdige auch die „großartige Gemeinschaftsleistung der Landjugend“. Aber: „Die Verwaltung hat alle Ausnahmemöglichkeiten geprüft, keine davon greift. Das bestätigt auch das Umweltministerium als übergeordnete Rechtsaufsicht“, heißt es aus dem Kreishaus.
Genau das bezweifelt Amelinghausens Gemeindedirektor Christoph Palesch: „Es gibt durchaus Optionen“, sagt er zur Lünepost, „das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) lässt diese explizit zu.“ Aber: „Offensichtlich ist der Landkreis nicht gewillt, diese Optionen zu ergreifen.“ Darüber sei er „schon irgendwie erstaunt.“
Von der Gemeinde Amelinghausen wurden laut Palesch diverse Angebote unterbreitet, wie beispielweise die Möglichkeit, das Dach zu begrünen, die Außenanlagen zu entfernen, den Pflasterboden zurückzubauen oder die Hütte an Ort und Stelle zu verkleinern. Auch wurde die in § 30 Abs. 3 BNatSchG erwähnte Ausgleichsmaßnahme angeboten – vergeblich. Mehrere Anträge der Gemeinde, u. a. ein nachträglicher Bauantrag, wurden jetzt abgelehnt. „Eine derart schnelle Ablehnung eines Bauantrages durch den Landkreis Lüneburg ist, auch im Hinblick auf die regulären Bearbeitungszeiten, durchaus überraschend“, findet Palesch. Ebenso wie die kürzliche Nachkartierung des Biotops im Bereich der Hütte – noch am 1. Oktober war ihr Standort nicht als Biotop ausgewiesen, auf der neuen Zeichnung steht sie mittendrin …
Gemeinde will Vorgang juristisch bewerten lassen
„Die Haltung der Kreisverwaltung ist aus meiner Sicht äußerst bedauerlich“, so Palesch. „Mit unserem Antrag vom 1. Oktober haben wir aus meiner Sicht gut dargelegt, dass es andere Optionen geben könnte. Der Eindruck, der sich bei mir mittlerweile einstellt ist, dass eine Genehmigung gar nicht gewollt ist.“
Die Geschwindigkeit bei der Bearbeitung der Anträge begründet der Landkreis so: Die Samtgemeinde Amelinghausen habe gemeinsam mit der Gemeinde Amelinghausen bereits angekündigt, den Rechtsweg zu beschreiten und die Angelegenheit vor Gericht klären zu lassen. „Mit den Bescheiden liegen nun die notwendigen Schriftstücke vor, um weitere Schritte gehen zu können. Natürlich hoffen wir auf Einsicht und keinen langen Rechtsstreit“, so Kreisrätin Sigrid Vossers.
„Wir geben nicht auf“
Wird die Gemeinde nun vor Gericht ziehen? „Wir müssen den Vorgang jetzt erstmal von unserem Rechtsbeistand bewerten lassen und dann intern beraten, wie wir weiter vorgehen“, sagt Palesch. „Erstmal sind die Nachrichten schwer zu verdauen.“ Akute Abrissgefahr sieht der Gemeindedirektor übrigens nicht: „Da sollten andere Dinge beim Landkreis Priorität haben“, hofft er mit Blick auf dort übliche Bearbeitungszeiten. Damit bliebe die nötige Zeit, um die Hütte vor dem Abriss retten zu können.
Die will auch Bürgermeisterin Mareike Witte, die das Dorf größtenteils hinter sich sieht, nutzen: „Wir geben nicht auf und werden weiter darum kämpfen, dass unser ‚Heideschlösschen‘ erhalten bleibt“, sagt sie.