
Lüneburg. Welche Last des 2. Weltkriegs schlummert noch unter Lüneburg? Besonders im Zeitraum 1944/45 wurde die vorher weitgehend verschonte Hansestadt zum Ziel alliierter Bomber. Im Fokus hatten diese besonders die Areale um Schlieffen- und Scharnhorstkaserne sowie den Bereich des Bahnhofs, um den Transport von Kriegsgütern zu stören.
Moderne Analyse und neues Bildmaterial
Zuletzt hatte die Stadt 2017 eine Liste von 16 Bombentreffer-Verdachtspunkten abgearbeitet. Doch inzwischen gibt es modernere Analysetechnik und weiteres Bildmaterial aus bislang nicht verfügbaren Quellen. „Wir haben eine umfassende Analyse für das gesamte Stadtgebiet in Auftrag gegeben, um für unsere Stadt ein möglichst großes Maß an Sicherheit in Sachen Kampfmittel zu erreichen“, erläutert Markus Moßmann, Erster Stadtrat und Dezernent für Sicherheit. Eine von Künstlicher Intelligenz (KI) unterstützte Auswertung erhöht zudem die Trefferwahrscheinlichkeit.
Ergebnis der 2023 durchgeführten Untersuchung von Stadt und Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung (LGLN): Es könnten weitere Blindgänger im Boden liegen. 95 Verdachtspunkte weisen die Ergebnisse aus.
Mehr Verdachtsfälle
Für die Stadt bedeutet das Handlungsbedarf. Sie ist im Rahmen der Gefahrenabwehr für die explosive Last im Boden zuständig. „Die Zahl ist größer als in der Vergangenheit. Das bedeutet einiges an Planungsaufwand“, sagt Markus Moßmann.
Um zu ermitteln, was wirklich hinter einem Blindgänger-Verdacht steht, müssen Experten zur Sondierung ran. Einen Rahmenvertrag für Fachfirmen schreibt die Hansestadt gerade aus. Dafür sind 825.000 Euro eingeplant. Ziel ist es, die Sondierungen im Spätsommer zu vergeben und zum Jahresende die ersten Untersuchungen auf Grundstücken durchführen zu können. Dann wird in einem engen Raster eine Fläche mit 4,50 Meter Radius mit Bodensonden untersucht, daraus ein 3D-Modell erstellt.
Stadt verspricht, Eigentümer zu unterstützen
„Wir kommen dazu rechtzeitig auf Eigentümerinnen und Eigentümer zu, auf deren Grundstücken Verdachtspunkte identifiziert wurden“, sagt Moßmann. Wenn ein Blindgänger gefunden wird, übernimmt das Land Niedersachsen die Kosten für Bergung, Entschärfung, Sprengung, Transport und die Vernichtung. Wenn Explosives auf privatem Grund gefunden wird, müssen die Eigentümer die Sondierungskosten tragen. Etwa 6000 Euro könnten so anfallen. „Wir versuchen, es für die Anwohner erträglich zu gestalten, unterstützen dabei“, macht Ordnungsamtsleiter Dennis Lauterschlag deutlich. Und: Auf die Erstattung von Bergungs- und Evakuierungskosten verzichtet die Hansestadt, trägt die Kosten selbst.
Dezernent Moßmann macht auch deshalb klar: „Wir hoffen, dass wir nicht bei der Fundquote der vergangenen Sondierung landen.“ Denn von den 16 Verdachtsfällen erwiesen sich vor wenigen Jahren fünf als Treffer. Übertragen auf die 95 neuen Punkte wären das etwa 30 Bomben, die fast 80 Jahre nach Kriegsende noch im Lüneburger Boden schlummern könnten …
Informationen zum Thema Blindgänger gibt es auf der Stadt-Website: www.hansestadt-lueneburg.de/kampfmittel. Für Fragen hat die Hansestadt zudem eine Info-Hotline, Tel.: (04131) 309 33 00.