
Lüneburg. So richtig aufgeregt wirkt Jannik-Fynn Haase noch nicht. Und das, obwohl der 15-Jährige morgen seine erste Rede halten wird. Der Anlass ist ein besonderer: Das Grundgesetz wird 75 Jahre alt. Die Laudatio dazu hält Jannik während eines Festaktes im Landgericht Lüneburg. „Vielleicht kommt die Aufregung noch“, sagt der Schüler, der die 9. Klasse der IGS Kreideberg besucht.
„Ich wollte bewusst einen jungen Menschen für die Geburtstagsrede“, sagt Dr. Götz Wettich, Präsident des Landgerichts Lüneburg. „Das Grundgesetz ist wie die olympische Flamme – wir sollten es mit Vorsicht, Ehrfurcht und Bewunderung an die nächste Generation weitertragen“, erklärt er die Idee und wandte sich mit der Anfrage an Lüneburger Schulen, so auch an die IGS Kreideberg. „Als wir die Anfrage bekamen, wussten wir sofort, das ist ein Fall für Jannik“, sagt Klassenlehrerin Dr. Anika Tolk. „Jannik engagiert sich im Schulleben und ist politisch sehr interessiert.“ So absolvierte er bereits einen Zukunftstag im Bundestag. „Ich musste erst ein paar Nächte über die endgültige Entscheidung schlafen und sagte schließlich zu“, erzählt der Neuntklässler. „Ich freue mich riesig über die Chance.“
Die Vorgabe für seine Rede lautete, das Grundgesetz aus Sicht eines Jugendlichen zu beschreiben. „Mir fiel dazu schon gleich ziemlich viel ein“, erzählt der junge Lüneburger. „Viel recherchieren musste ich nicht, da ich mich schon länger mit politischen Themen befasse und mich daher auch mit dem Grundgesetz auskenne.“ Nach der Zusage setzte sich Jannik gleich an den Computer und schrieb. „Ich war wie im Fluss, habe fast die ganze Nacht durchgeschrieben. Das war für mich keine Aufgabe, sondern eher Lust und Leidenschaft.“
Jannik’s Themen: Grundrechte, Hetze auf Social Media und Ukraine
Der 15-Jährige setzt sich in seiner Rede u. a. mit der Coronapolitik auseinander. „Dass die Grundrechte damals aus Sicherheitsgründen eingeschränkt wurden, traf junge Menschen natürlich besonders hart.“ Auch auf die bedenklichen Auswirkungen von Social Media wie Populismus, Hass und Hetze geht er ein. „Wichtig sind mir vor allem Artikel 6, in dem es um den Schutz der Familie geht, und Artikel 7 zur Bildung. Es ist beruhigend zu wissen, dass man unter einem guten Schutz steht“, findet Jannik. In seiner Rede wird er auch den Ukraine-Krieg ansprechen. „Ein Krieg, der fast vor unserer Haustür stattfindet.“
Begleitet wurde er beim Schreiben der Rede von Geschichtslehrer Jannes Müller. „Inhaltlich musste ich Jannik gar nicht groß unterstützen, ich habe ihn eigentlich nur ein wenig gecoacht“, sagt der Lehrer der IGS Kreideberg und fügt hinzu. „Mich freut es besonders, dass unsere IGS, die mit unseren Schülerinnen und Schülern einen Querschnitt der Gesellschaft abbildet, zeigen kann, welche Relevanz das Grundgesetz hat.“
Die Rede hat Jannik schon seit einiger Zeit fertig, nun trainiert er seinen Auftritt. „Ich habe schon mit meiner Klassenlehrerin Frau Tolk geübt und auch zu Hause mit meiner Mutter“, erzählt Jannik mit ruhiger Stimme. „Wichtig ist mir vor allem, dass wir uns jeden Tag bewusst machen, dass unsere Grundrechte nicht selbstverständlich sind.“
Mehr will Jannik über seine Rede nicht verraten – sie ist quasi sein persönliches Geburtstagsgeschenk an das Grundgesetz, das morgen 75 Jahre alt wird. Und das in diesen Zeiten so wichtig ist wie schon lange nicht mehr.
Demokratiemeile zu 75 Jahren Grundgesetz
Am Donnerstag, 23. Mai, steigt ab 15 Uhr in der Lüneburger Innenstadt eine Demokratiemeile. Es wird eine Art Straßenfest sein mit verschiedenen Infoständen, Mitmach-Aktionen und Straßenmusik, organisiert von über 70 Initiativen und Verbänden in Lüneburg. Die Demokratiemeile wird sich über weite Teile der Innenstadt erstrecken: vom Marktplatz über die Straßen An der Münze, Katzenstraße, Apothekenstraße, Glockenstraße, Große und Kleine Bäckerstraße bis hin zum Glockenhof und dem IHK-Vorplatz Am Sande.